Bitcoins verändern das Geldsystem

Bitcoins sind eine dezentrale, weltweit verwendete virtuelle Währung. Von den Medien hochgejubelt und jetzt „zu Tode geprügelt“ wird das digitale Bargeld aber nicht für seinen eigentlichen Zweck – nämlich fast kostenfrei Geld abseits des Bankensystems anonym und weltweit zu transferieren – sondern aufgrund der Spekulation, die Bitcoin als Spielball entdeckt haben. Was   hinter dem Phänomen Bitcoins steckt, war Thema eines Workshops mit Heinz J. Hafner, zu dem das Unterguggenberger Institut und das  im Tagungshaus Wörgl geladen hatten.

 

„Dezentrale Währungen, besonders in der modernen virtuellen Form, verändern gerade die gesamte Landschaft des Geldsystems“, stellte der Unternehmer und Experte für Datenbanken und Datensicherheit Heinz J. Hafner beim Bitcoins-Workshop am 15. März 2014 im Tagungshaus Wörgl fest. Hafner gründete bereits drei IT-Firmen, ist Vorstandsmitglied des Unterguggenberger Institutes und verfolgt seit drei Jahren die Entwicklung der „peer to peer“-Währung. Von wem das technische Konzept der 2008 gestarteten virtuellen Währung  stammt, ist bis heute unbekannt. Bitcoins sind anders als nationale Währungen ein dezentrales Netzwerk. Viele dezentrale Computer weltweit sind an der Entstehung, der Speicherung und Transaktion von Bitcoins beteiligt, das System funktioniert völlig ohne zentrale Steuerung.

Was sind Bitcoins?

Bitcoin-Einheiten sind Zahlenketten, die von Computern errechnet werden, wofür aufgrund der immer länger werdenden Zahlenketten immer mehr Rechnerleistung erforderlich ist. Aufgrund der eingebauten Systematik können nur rund 21 Millionen Bitcoins entstehen, was vorraussichtlich 2040 erreicht wird. Derzeit sind rund 12,5 Millionen Bitcoins geschöpft. Hafner verglich den Prozess mit dem Finden von Primzahlen, die anfangs häufiger sind und je größer die Zahlen auch umso seltener werden. Die Begrenzung der Währung hat durch die eingebaute Deflation großen Einfluss auf die Preisentwicklung. Und da kommen jetzt die Handelsplätze und die Spekulanten ins Spiel.

Die elektronische Geldtasche – virtuelles Bargeld

„Die Wertaufbewahrung von Bitcoins erfolgt in Wallets, was im Englischen Geldbeutel bedeutet“, erklärte Hafner. Diese können am Handy ebenso liegen wie am PC oder bei Handelsplattformen. Und wie Bargeld, können auch Bitcoins verloren gehen – wer sein Gerät verliert und die Daten nicht außerhalb gesichert hat, oder wenn solche Handelsplattformen wie jetzt MtGox insolvent werden. Was auch für den jüngsten Medien-Hype sorgte und als „Totschlagargument“ gegen die digitale Währung verwendet wird. „MtGox war nur eine von vielen Handelsplattformen – wenn ein E-Mail-Anbieter Konkurs anmeldet, wechselt man eben den Anbieter. Ein Bankraub macht auch nicht das ganze Geldsystem kaputt“, so Hafner.  Wie stabil die Bitcoins-Community auf den Ausfall des größten Handelsplatzes reagierte, zeigt die Kursentwicklung seither, die sich nach einem kurzen Einbruch schon wieder erholt hat und derzeit bei etwa 634 Euro pro Bitcoin liegt.

Handelsplattformen

 An den Handelsplattformen wird wie an der Börse auch der Wert der Bitcoins ermittelt. Die Akzeptanz des virtuellen Zahlungsmittels zeigt dessen rasante Ausbreitung seit 2008: Bitcoins können derzeit weltweit in 26 Währungen transferiert werden, allein in Zentraleuropa befinden sich 1000 Akzeptanzstellen, in einigen Ländern stehen sogar schon Bitcoins-Automaten. Das Handelsvolumen hat 2012 und 2013 bereits das weltweite Goldhandelsvolumen überholt.

Was Bitcoins für die Spekulanten nun besonders attraktiv macht, ist der erwartete Wertzuwachs. Die erste Bitcoins-Transaktion war der Kauf einer Pizza um 1.000 Bitcoins im Wert von 12 Euro. Hätte dieser Pizzabäcker seine Bitcoins bis Dezember 2013 aufbewahrt, wären sie rund eine Million Dollar wert.  „Die Spekulation behindert aber das Hauptgeschäft, die Transaktion. Je höher der Bitcoin-Kurs, umso weniger wird gehandelt“, erklärte Hafner, der die technische Lösung wertfrei als geniales Werkzeug bezeichnet, um Geld sicher und fast kostenlos weltweit zu transferieren. Die Transaktion verursacht lediglich Gebühren von 0,4 % und ist damit wesentlich billiger als alle anderen Geldüberweisungsmöglichkeiten.

Bitcoins als Vorreiter für viele weitere virtuelle Gelder

Dass Bitcoins damit weder bei Finanzdienstleistern, noch bei Geheimdiensten, Zentralbanken oder Finanzämtern Freunde finden, liegt in der Natur der Sache – sie sind für Machtträger nicht greifbar. Dass Konzerne wie etwa Apple die freie Währung nicht akzeptieren liegt daran, dass Apple selbst eine virtuelle Währung starten will. Und Bitcoins sind zwar die bekannteste, aber bei weitem nicht die einzige dezentrale virtuelle Währung, deren nachfolgende Generationen aus den Bitcoins-Fehlern bereits lernen.

Bitcoins revolutionieren zwar gerade das weltweite Geldsystem, ähneln dem knapper werdenden Rohstoff Gold aber nicht nur beim „Mining“. Das System steht durch Einkauf von Bitcoins allen Menschen zur Verfügung und gewährt Zugang für alle. Sieht man sich allerdings die Besitzstruktur an, so sind 80 % der Bitcoins im Eigentum von 5 % der Nutzer, wobei Bitcoin-Vermögen einerseits bei Technikern, die rechtzeitig eingestiegen sind, sowie bei Investoren liegen, die sich einkaufen. „Das FBI hat Bitcoins im Wert von 15 Millionen Dollar beschlagnahmt, die jetzt verkauft werden“, teilte Hafner mit. Was angesichts des von Analysten langfristig prophezeiten fairen Bitcoin-Preises von 1.300 Dollar kein Problem sein wird. Ob der Bitcoin die Spekulations-Orgien überstehen oder ein Nachfolgemodell dessen Platz einnehmen wird, darüber wagt Hafner keine Prognosen, wünscht sich aber, dass sich die Grundidee der Transaktion durchsetzen soll und nicht von der Spekulation ruiniert wird.

Die Präsentation von Heinz J. Hafner finden Sie online in voller Länge unter diesem Link:

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Bild- und Textnachweis: Veronika Spielbichler/Unterguggenberger Institut