Unterguggenberger Straße 3
Brixentaler Straße 23
beide 6300 Wörgl
90 Jahre Freigeld – wir feiern!
Vor 90 Jahren, im Juli 1932, startete die Marktgemeinde Wörgl das heute weltweit bekannte erfolgreiche Freigeld-Experiment. Wir feiern das Jubiläum – das Unterguggenberger Institut lädt am Sonntag, 31. Juli 2022 ab 16 Uhr zu einem gemeinsamen Spaziergang am Freigeld-Rundweg in Wörgl mit abschließendem Grillabend ab 18 Uhr in der ZONE kultur.leben.wörgl. Start ist beim Unterguggenberger Institut mit Besichtigung des Museums-Schauraumes. Zur organisatorischen Planung wird um Anmeldung gebeten, Kontakt Email ui(at)snw.at
Am 5. Juli 1932 stimmte der Wohlfahrtsausschuss der Marktgemeinde dem Reglement der Wörgler Nothilfe unter Verwendung von Freigeld zu, am 8. Juli dann einstimmig der ganze Gemeinderat – was angesichts der großen ideologischen Gegensätze ein politisches Meisterstück darstellte. Die Verantwortlichen sahen über alle Parteigrenzen hinweg im Vorschlag des Bürgermeisters Michael Unterguggenberger den Ausweg für ihre Gemeinde aus Not und Elend der Weltwirtschaftskrise.
Am 31. Juli 1932 brachte die Gemeinde erstmals Arbeitswertscheine in Umlauf und bezahlte damit Bauarbeiter und Gemeindebedienstete. Im Zuge der Wörgler Nothilfe wurde bis September 1933 ein umfangreiches Infrastruktur-Bauprogramm umgesetzt und eine Notstandsküche eingerichtet. Mithilfe der regionalen Gutscheinwährung wurde erfolgreich die Regionalwirtschaft wieder angekurbelt. Während die Arbeitslosigkeit in Österreich in diesem Zeitraum um 19 % anstieg, ging sie in Wörgl um 16 % zurück.
Die monatliche Abwertung der Arbeitswertscheine um 1 % in Form einer Gemeindesteuer war das Erfolgsrezept für den schnellen Geldumlauf, der Kaufkraft und regionale Wertschöpfung steigerte. Das Schwundgeld zirkuliert 9 bis 10 Mal schneller als die Nationalbankwährung Schilling, die als Deckung der Arbeitswertscheine bei der Wörgler Raiffeisenkasse hinterlegt wurden. Diese wirkte bei der wirtschaftlichen Selbsthilfe-Aktion der Gemeinde unentgeltlich mit und diente als Wechselstube. Die Arbeitswertscheine konnten gegen eine Gebühr von 2 % in Schilling eingewechselt werden, was den Außenhandel sicherte. Kaufleute erhielten zudem kurzfristige Kredite für den Wareneinkauf zum damals günstigen Zinssatz von 6 %. In die Gemeindekasse flossen auch Einnahmen aus dem einsetzenden Freigeld-Tourismus – wer Scheine als Souvenir mitnehmen wollte, bezahlte diese mit Schillingen. Sämtliche Einnahmen aus der Nothilfe-Aktion wurden zweckgebunden für Armenfürsorge und Arbeitsbeschaffung verwendet.
„Lindert die Not, gibt Arbeit und Brot“ – Slogan auf der Rückseite des Wörgler Freigeldscheines