Der Redewendung „Beim Geld hört die Freundschaft auf“ stellt die Regionalwährungs-Intitiative Hallertauer in Pfaffenhofen/Bayern eine andere Philosophie gegenüber: „Beim Hallertauer fängt die Freundschaft an“, stellte der „Motor“ der Regiogeldmacher Manfred „Mensch“ Mayer bei der 15-Jahr-Jubiläumsfeier der Regionalwährung am 27. September 2019 im Festsaal des Rathauses in Pfaffenhofen fest, vor dem der „Omnibus für Direkte Demokratie“ parkte und für den Erhalt der Artenvielfalt warb. Festredner Johannes Stüttgen breitete seine Gedanken zum Thema Direkte Demokratie = Ökologie aus.
„Klimakrise und Artensterben haben eine Ursache – die Art des Wirtschaftens“, ist Manfred Mayer überzeugt. Dem Künstler geht es um Ganzheitlichkeit und die Hallertauer sehen ihr Regiogeld für den Landkreis Pfaffenhofen als Bestandteil der „Sozialen Skulptur Hallertauer“ im Sinne von Joseph Beuys, zu dem weitere Gestaltungsprojekte wie Blumen in der Stadt, der InterKulturGarten Pfaffenhofen an der Ilm und die Gemeinsam für Gemeinwohl / GfG-Intiative zählen.
Seit Umlauf-Start des Hallertauers im November 2004 wurden über 410.000 Euro in die Regionalwährung eingewechselt. Aus der Rücktauschgebühr, die beim Einwechseln in Euro fällig wird, wurden bisher Fördergelder im Wert von über 15.000 Hallertauern/Euro an gemeinnützige Vereine und Initiativen ausbezahlt. „Wir in Pfaffenhofen haben mit dem HALLERTAUER wahrlich Gut(e)Scheine, denen wir als Bürger und Bürgerinnen selbst ethische und moralische Regeln gegeben haben. Unser Maßstab war und ist das Gemeinwohl. Wir schenken, zahlen und fördern mit nachhaltig Gut(en)Scheinen! Bar und digital!“ erklären die Hallertauer-Verantwortlichen.
„Sei Teil der FairÄnderung!“
„REGIOnalgeld ist ein nachhaltiges Instrument der Gemeinwohl-Ökonomie, die ein wichtiger Baustein zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung im Sinne der AGENDA 2030 ist“, sehen die Hallertauer den Bezug zwischen Geld und Wirtschaftsweise und gestalteten zum 15-Jahr-Jubiläum die Ausstellung „Gemeinwohl als Aufgabe für ALLE! Sei Teil der FairÄnderung!“, die am 27.09.2019 in der Rathausgalerie eröffnet wurde und bis 25.10.2019 zu den Rathausöffnungszeiten besichtigt werden kann. Der zweite Teil der Ausstellung im ersten Stock widmet sich der Geschichte des HALLERTAUER REGIOnalgeldes als Medium für Gestaltung, Kooperation und Förderung und zeigt die Gutschein-Serien seit 2004.
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt von HALLERTAUER REGIOnal – Verein für nachhaltiges Wirtschaften e. V., Gemeinwohl-Ökonomie Bayern e. V., OMNIBUS für direkte Demokratie gGmbH, der Stadt Pfaffenhofen und Soziale Skulptur HALLERTAUER als Koordinator.
Auf der Gestaltungsseite der HALLERTAUER-REGIOnalgeld-Serie 2019 werden die Gemeinwohlpioniere Brigitte Krenkers und Werner Küppers vom Omnibus für Direkte Demokratie, Rainer Rappmann, Veronika Spielbichler, Christian Gelleri, Werner Onken, Eduard Snowden, Papst Franziskus und die sieben Gründungsmitglieder von HALLERTAUER REGIOnal e. V., dem Herausgeber des REGIOnalgeldes, in Wort und Bild gewürdigt.
Der Hallertauer fördert Gemeinwohl
Beim Jubiläumsfest zur 15-Jahr-Feier konnte Manfred „Mensch“ Mayer vier von sieben Gründungsmitgliedern der Regionalwährung Hallertauer begrüßen und freute sich, Fördergelder an Manfred Büttner von Amnesty International, Agnes Bergmeister vom Bund Naturschutz und Lissy Fischer von der Bienen-Initiative „Pfaffenhofen summt“ zu übergeben. Wer Hallertauer-Förderungen erhält, legt der Konsument beim „Schöpfungsakt“ fest – also beim Eintausch in Euro. Drei Prozent wandern in den Fördertopf, aus dem die begünstigten Vereine und Institutionen unterstützt werden.
Festvortrag von Johannes Stüttgen
„Jeder Mensch ein Künstler“ – dieser Satz von Joseph Beuys meint aber längst nicht, dass jeder Mensch auch ein Genie ist. Was damit gemeint ist und was Wirtschaft mit Demokratie, Ökologie und Gemeinwohl zu tun hat, erläuterte der freie Künstler und Autor, Meisterschüler von Beuys und Gesellschafter des Omnibus für Direkte Demokratie Johannes Stüttgen in seinem Festvortrag „Gemeinwohl-Ökonomie, eine höhere Stufe der Freiheit. Gemeinwohl und Eigennutz müssen nicht Gegensatz sein.“
„Direkte Demokratie ist Ökologie“ – diese Schlussfolgerung stellte Stüttgen an den Beginn seines Vortrages und erläuterte dann mit Erstellung eines Tafelbildes die Entfremdung des Menschen von der Natur, die mit Entwicklung der Technik einherging. „Die heutige Ökonomie des Kapitalismus ist globalisierter Egoismus“, so Stüttgen. Jetzt sei ein Wendepunkt erreicht, da uns die bisher „nur genützte Natur“ in Form von Erderwärmung und Klimawandel bedrohlich entgegenkomme. Der Individualismus stehe heute in großem Konflikt mit der Natur. Und dieses Signal der Natur, dass „der Mensch anders mit ihr umzugehen hat“, eröffne eine neue Epoche: „Wir stehen an einer Schwelle“, diagnostiziert Stüttgen und meint: „Wir kommen um die Verantwortung nicht herum!“ Und diese müsse sich in der Liebe zur Natur ebenso manifestieren wie in Direkter Demokratie, damit „die Menschen auf diesem Planeten gleichberechtigt zusammenkommen.“ Und so sei die Natur, die Ökologie „mit Sicherheit die künftige Form der Ökonomie“.
Stüttgen ging weiters auf das Phänomen Greta Thunberg ein und erinnerte an das Kind in jedem Menschen. Kinder hätten einen Ganzheitssinn, sie seien noch nicht in der „Beklemmung der Erwachsenen“. Klima und Artenschutz gehöre zusammen, und in der Klimaerwärmung sieht Stüttgen eine Entsprechung zur „inneren Kälte“ der Menschen. Er lud ein, diesen Zusammenhang zu denken und bezeichnete es als Aufgabe der Kunst, auch hier Verantwortung durch „das Zurechtrücken von Proportionen“ zu übernehmen. Die Quell-Instanz für das ICH sei die Kreativität, das ursprünglich Menschliche. So sei auch Beuys Sager „Jeder Mensch ein Künstler“ zu verstehen: Der Quell in uns sei das innere Kind, das uns zurufe – und diese innere Stimme brauche auch ein inneres Ohr.
Jeder Mensch könne zum Wandel beitragen, auch wenn man das Gefühl habe, „als kleiner Wichtel am Globalen nichts ändern zu können.“ Aber mitmachen könne jede und jeder: „Bäume pflanzen in Städten und ein neues Geldwesen ins Spiel bringen“, so Stüttgen, der ermuntert, am Weg der Direkten Demokratie Teil der Lösung zu sein.