Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus

Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus
IllustratorIn: Suhrkamp Verlag
Veröffentlicht: 2011
Ein wunderbares Buch, jeder sollte das lesen. Umfassend, durch und durch wissenschaftlich abgesichert, mit klarem Blick und klaren Formulierungen, (aber ohne Zahlen, ohne Statistiken...), objektiv in der Sicht aber durchaus von einem eindeutigen Standpunkt (Kritik am Neoliberalismus) aus geschrieben. Politik und Wirtschaft existierten und existieren mit- und nebeneinander, das Verhältnis der beiden hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder gewandelt. Damit im Zusammenhang stehen Begriffe wie "(Neo-)Liberalismus", die auch immer wieder Umdeutungen erfahren haben…

Spätestens als Lehman Brothers im September 2008 Insolvenz anmelden musste, hatte es für einen kurzen Moment den Anschein, als habe die letzte Stunde des Neoliberalismus geschlagen: Nachdem das Mantra vom Markt und von der Privatisierung seit den siebziger Jahren in aller Munde war, sollten nun die Regierungen eingreifen, um systemrelevante Banken zu retten. Die Kompetenz der Wirtschaftsführer stand massiv in Frage. Heute, nur drei Jahre später, bekommen die Manager wieder riesige Boni. Zur Refinanzierung der Rettungspakete werden Sozialleistungen gekürzt. Die Logik des radikalen Wettbewerbs und des unternehmerischen Selbst prägt nach wie vor unsere Mentalität.

Wie ist das möglich? Diese Frage stellt Colin Crouch in seinem großen neuen Essay. Der Autor des vielbeachteten Bestsellers »Postdemokratie« zeichnet die Ideengeschichte des Neoliberalismus nach und betont, dass der Konflikt Staat vs. Markt zu kurz greift: Es sind die gigantischen transnationalen Konzerne, unter denen die Demokratie »und« das Marktmodell leiden. Doch wir können uns wehren, indem wir uns auf unsere Werte und unsere Macht als Verbraucher besinnen. Das ist Crouchs optimistische Vision einer sozialen und demokratischen Marktwirtschaft.

Der Autor  Colin Crouch (* 1944 in LondonIsleworth[1]) ist ein britischer Politikwissenschaftler und Soziologe. Mit seiner zeitdiagnostischen Arbeit zur Postdemokratie und dem gleichnamigen Buch wurde er international bekannt.