Krisen wie die weltweite Corona-Pandemie rücken schlagartig die Regionalwirtschaft ins öffentliche Rampenlicht. Im Rahmen des Interreg-Kleinprojektes „Gemeinsam Grenzüberschreitend Geld & Gesellschaft gestalten“ wurde aktuell eine Bestandsaufnahme von Regionalwährungen, Gutscheinsystemen und Ähnlichem in der Euregio-Region, bestehend aus den Bezirken Kufstein und Kitzbühel in Tirol sowie der Landkreise Rosenheim und Traunstein vorgenommen.
Nicht internationale Großkonzerne mit Steuerflucht und vagabundierendem, stets auf höchste Rendite spekulierendem Finanzkapital sind das Rückgrat unserer Gesellschaft und unseres Sozialsystems, sondern die ganz vielen kleinen und mittleren Unternehmen und die Menschen, die hier arbeiten und leben. Globalisierung und Digitalisierung stellen seit geraumer Zeit eine Herausforderung für die mittelständische Wirtschaft dar. Wie gelingt es, Kaufkraft und Wertschöpfung in der Region zu halten und ein Abwandern in Ballungszentren einzubremsen?
Lebendige Ortszentren sind ein zentrales Anliegen der Regionalentwicklung. Geld, das vor Ort zirkuliert, schafft und erhält Arbeitsplätze. Das zeigte Wörgl während der Weltwirtschaftskrise 1932/33 eindrucksvoll mit dem Wörgler Freigeld. Die Gemeinde verwendete die Komplementärwährung zur Finanzierung eines Beschäftigungs-Programmes zur Errichtung von Infrastruktur, das die Regionalwirtschaft erfolgreich wieder ankurbelte.
Kreativität und Vielfalt beim Geld
Mit zunehmenden Auswirkungen und der Erkenntnis über die Folgen einer Wirtschaft, die nach den Regeln des internationalen Finanzsystems auf exponentiellem Wachstumszwang beruht, entstehen seit rund zwei Jahrzehnten wieder vermehrt Komplementärwährungen in vielfältiger Ausprägung. Zu den erfolgreichsten Regionalwährungen im deutschsprachigen Raum zählt der Chiemgauer, der wie Wörgl damals auch heute den Freigeld-Ansatz mit kontrolliertem Schwund beinhaltet und damit eine Währung mit ganz anderer Dynamik schafft.
Wie damals soll auch heute das Geld und damit Wirtschaftsleistung in der Region gehalten werden. Was kann man aus den Erfahrungen der praktischen Anwendungen lernen? Wie Wissen und Kompetenzen weitergeben? Dazu wurde vom Unterguggenberger Institut in Kooperation mit dem Chiemgauer und dem Wörgler Verein Komm!unity das Interreg-Kleinprojekt „Gemeinsam Grenzüberschreitend Geld & Gesellschaft gestalten“ ins Leben gerufen. Es widmet sich der Frage, wie schon erprobte Komplementärwährungen und neue, internetbasierte Währungen positiv für eine nachhaltige, klimafreundliche Regionalentwicklung eingesetzt werden können.
Teil des Projektes ist eine Bestandsaufnahme bestehender gemeinschaftsstiftender Strukturen wie Regionalwährungen, Gutschein- und Tauschsystemen in der Euregio-Region, bestehend aus den Landkreisen Rosenheim und Traunstein in Bayern sowie den Bezirken Kufstein und Kitzbühel in Tirol.
Ein Blick ins Tirolerland
Freigeld gibt es heute weder in Wörgl noch sonst wo in Tirol. Dafür bestehen in den Bezirken Kufstein und Kitzbühel rund ein Dutzend regionaler Gutschein-Systeme mit dem Ziel, Umsatz für Wirtschaftsbetriebe im Ort zu erzielen. Darüber hinaus besteht mit dem Wörgler Jugendprojekt I-motion eine Zeitwährung auf Stundenbasis und die Wörgler Sonnenscheine der Stadtwerke binden regionales Investitionskapital für den Ausbau der Solarenergie. Mitmachen beim Tauschkreis Talentenetz Tirol ermöglicht es, Waren und Dienstleistungen ohne Euro auszutauschen.
Bezirk Kufstein:

Kufsteiner Dukaten
Das älteste Gutscheinsystem in der Euregio-Region existiert in der Bezirkshauptstadt Kufstein. Der Kufsteiner Dukaten wurde 1993 von der Kufsteiner Kaufmannschaft eingeführt. Zunächst als 100 Schilling-Münze. Seit 2001 gibt´s geprägte 10-Euro-Metallmünzen. 2019 betrug der Jahresumsatz rund 900.000 Euro, bezahlen kann man mit den Gutscheinmünzen, die frei zirkulieren, in rund 140 Geschäften und Betrieben.
Derzeit besteht eine Auflage von 100.000 Dukaten im Wert von 1.000.000 Euro. Die Sparkasse Kufstein mit ihrer Zentrale am Oberen Stadtplatz fungiert als Haupt-Verrechnungsbank. Weitere Ausgabestellen sind die Raiffeisen Bezirksbank Kufstein am Oberen Stadtplatz sowie die Volksbank Tirol mit ihrer Geschäftsstelle am Unteren Stadtplatz.
Wörgl heute: Einkaufsgutscheine, Energy.Card, I-motion, Sonnenscheine
Wörgl als Handels- und Einkaufsstadt verwendet zur Kaufkraftbindung derzeit zwei Systeme: Seit 2006 die 10-Euro-Einkaufsgutscheine und seit 2012 die Energy.Card, eine multifunktionelle digitale Karte. Seit Einführung der Wörgl-Gutscheine wuchs deren Umsatz beständig und betrug 2019 den Höchststand von 664.000 Euro. Der Einweg-Gutschein wird in nahezu allen Wörgler Geschäften, bei vielen Gaststätten und Dienstleistern akzeptiert.

9+1 Gutscheine aufgrund der Corona-Krise
Aufgrund der großen Umsatzeinbußen, die die regionale Wirtschaft infolge der Corona-Pandemie hinnehmen musste, beabsichtigt die Stadtgemeinde Wörgl mittels der „9+1 Gutschein“-Aktion eine zusätzliche kurzfristige regionale Wertschöpfung von 1 Mio. Euro für den regionalen Wirtschaftskreislauf zu lukrieren. Die neuen 9+1-Gutscheine können von 27. April bis 31. August 2020 um 9 Euro im Bürgerbüro der Stadtgemeinde Wörgl erworben werden, besitzen aber einen Gegenwert von € 10,-. Die Ausgabe erfolgt beim Bürgerservice im Stadtamt. Die Stadt zahlt € 1,-/Gutschein drauf. Insgesamt werden vorerst 100.000 der 9+1-Gutscheine aufgelegt. Die Gutscheine selbst unterscheiden sich von den herkömmlichen Gutscheinen in Größe und Design. Die 9+1 Gutscheine können bei allen Wörgler Wirtschaftsbetrieben, die bisher an der herkömmlichen Gutscheinaktion teilgenommen haben, eingelöst werden.

Energy.Card
Die Energy.card ist eine multifunktionelle digitale Card. Wer seinen Wohnsitz in Wörgl hat, verfügt mit Hinterlegung der Meldedaten über die Bürgercard-Funktion und hat damit Zutritt zum Wertstoffhof der Stadtwerke zur Entsorgung von Abfällen sowie vergünstigten Eintritt im Erlebnisbad Wave. Damit ist die Energy.card in jedem Haushalt mindestens einmal vorhanden.
Als Rabattsammel-System ist die Energy.card über die Stadtgrenzen hinaus im Einsatz. Wer bei Mitgliedsbetrieben einkauft, sammelt Rabatte. Der Kunde zahlt zwar zunächst den vollen Preis, erhält aber für künftige Einkäufe den Rabatt gutgeschrieben. Die teilnehmenden Betriebe überweisen die gewährten Rabatte an die Stadtmarketing GmbH. Kunden werden per Email regelmäßig über ihre Guthaben informiert, die bei jedem teilnehmenden Betrieb eingelöst werden können. Zudem verfügt die Energy.card über eine Prepaid-Funktion – sie kann mit Guthaben aufgeladen und zum bargeldlosen Bezahlen bei den Shop-Partnern verwendet werden.
Internationale Konzernketten können nicht Mitgliedsbetrieb der Energy.card werden. Derzeit beteiligen sich 18 Wörgler Unternehmen, Handel wie Dienstleistung. 2019 wurde ein Umsatz von 345.000 Euro über die Energy.card rabattiert, was den energy.card-Benützern Preisnachlässe im Wert von 7.400 Euro einbrachte.

I-Motion Zeitwertkarten
Im Rahmen der Lokalen Agenda 21 wurde vom Unterguggenberger Institut das Wörgler Jugendprojekt I-Motion initiiert und im Bürgerbeteiligungsverfahren ausgearbeitet. 2005 von der Stadtgemeinde gestartet, wird das Projekt zur sinnvollen Freizeitgestaltung seit 2012 vom Verein Komm!unity umgesetzt. Jugendliche ab 12 Jahren erhalten als Belohnung für Tätigkeiten Taschengeld in Form von Zeitwertkarten, die dann in Gutscheine zum Einkaufen, für Sport- oder Freizeitaktivitäten wie Kino eingelöst werden können.
Jugendliche verrichten bei I-Motion unterschiedliche Tätigkeiten in der Nachbarschaftshilfe, aber auch in I-motion-Projekten wie der „Lernfreude“ oder der „Sommerjobbörse“, bei der sie in sozialen Einrichtungen wie Lebenshilfe, Seniorenheim oder bei der Kinderferienbetreuung im Einsatz sind. Sie bieten Unterstützung am Computer oder Handy, gehen einkaufen, helfen bei der Gartenarbeit, verteilen Flyer, helfen auch bei Veranstaltungen. Beim Projekt Lernfreude unterstützen ältere Jugendliche Jüngere bei Hausaufgaben, lesen und spielen mit ihnen und helfen Kindern mit nicht deutscher Muttersprache beim Spracherwerb.
Als Komplementärwährung verwendet I-Motion ein doppeltes Gutscheinsystem und Zeit als Währung. Die Zeitwertkarten können um 2,50 Euro im InfoEck gekauft werden, etwa beim Einsatz in der Nachbarschafts- oder Lernhilfe. Für Sozialprojekte wie die Sommerjobbörse wurden Zeitguthaben vom Rotary-Club Wörgl-Brixental gesponsert. Als Richtwert gilt, pro Stunde eine Zeitwertkarte. Die Jugendlichen sind maximal 2 Stunden täglich für I-motion tätig und dafür auch haftpflichtversichert. Sie wechseln die Zeitgutscheine beim InfoEck großteils in Wörgler Einkaufsgutscheine, aber auch M4-Gutscheine ein (M4-Einkaufszentrum mit Kino).
Bisher wurden über 21.100 Zeitwertkarten eingelöst. Im Jahr 2019 wurden 1.165 Zeitwertkarten ausgegeben, was fast 3.000 Euro Taschengeld entspricht. Im Vordergrund stehen bei I-motion aber nicht die Umsatzzahlen. Hauptaugenmerk liegt im Sozialen – Nachbarschaftshilfe aktivieren, sinnvolle Freizeitbeschäftigung, generationsübergreifendes Miteinander und Gemeinschaft unter den Jugendlichen fördern. Wörgler I-motion-Gutscheine werden mittlerweile auch in Bad Häring sowie in Kundl in der Jugendarbeit verwendet. Das System dient als Vorlage für ähnliche Jugendprojekte in weiteren Gemeinden.

Wörgler Sonnenscheine – ein Bürgerbeteiligungsmodell
Mit Gutscheinen die Stromrechnung für 20 Jahre vorab bezahlen und damit einen Beitrag zu Klimaschutz und Energieautonomie der eigenen Gemeinde leisten – dazu konzipierte die Wörgler Stadtwerke GmbH (100 % im Eigentum der Stadtgemeinde) im Jahr 2010 die „Wörgler Sonnenscheine“, nachdem sich das städtische Wirtschaftsunternehmen für die Bereiche Energie, Informationstechnologie, Wasser, Abwasser und Abfallentsorgung mit dem Konzept einer energiegedeckten Regionalwährung auseinandergesetzt hatte.
Der Preis eines Sonnenscheines beträgt 900 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Ein Sonnenschein entspricht einer PV Leistung von 0,5kWp und liefert im Schnitt mindestens 400kWh pro Jahr. Der gesamte Jahresertrag wird dem Sonnenscheinbesitzer gut geschrieben. Die Bewertung erfolgt zu den aktuellen Liefertarifen der Stadtwerke Wörgl. Sonnenscheine können von allen Stromkunden der Stadtwerke Wörgl österreichweit (!) erworben werden. Die Gutschrift erfolgt digital mit der Jahresstromrechnung.
Im Jahr 2010 erfolgte der Bau des 1. Sonnenstromkraftwerksparks und die erste Auflage der Wörgler Sonnenscheine. Bislang wurden fünf Sonnenscheinkraftwerksparks auf öffentlichen Gebäuden errichtet und 760 Sonnenscheine aufgelegt. Das Gesamtvolumen bisher beläuft sich auf 684.000 Euro (mit Mehrwertsteuer).
Wirtschaftsstandort Wörgl
Wörgl heute ist eine Handelsstadt mit rund 14.000 Einwohnern mit einem großen Einzugsgebiet, das im Umland Tourismusregionen beinhaltet. Laut Beschäftigungsstatistik der Wirtschaftskammer sind in Wörgl über 1.000 Unternehmen mit mehr als 7.000 Beschäftigten registriert. Über 2.200 davon in rund 260 Handelsbetrieben, rund 1.600 in der Sparte Transport und Verkehr und rund 1.400 im Gewerbe. Von den Handelsbetrieben sind etwa 75 internationalen Konzern-Ketten zuzuordnen. Wie viele eigenständige Wörgler Kaufleute es noch gibt, kann aufgrund vorliegenden statistischen Datenmaterials nicht erhoben werden. Daten über die Handelsumsätze gibt es nicht, nicht einmal seriöse Schätzungen sind möglich.
KUWI-Einkaufsgutschein in Kundl
Als Einkaufsstadt bindet Wörgl auch Kaufkraft aus dem Umland. Kaufleute der Nachbargemeinden haben darauf teilweise mit eigenen Gutscheinsystemen reagiert. Vor 20 Jahren startete der Wirtschaftsverein der Kundler und Breitenbacher Betriebe mit dem KUWI, einem Einkaufsgutschein im Wert von 10 Euro. Aktuell machen 35 Betriebe beim Einweg-Gutscheinsystem mit. Als Anreiz zum Mitmachen gibt´s wöchentliche und vierteljährliche Gewinnspiele, bei denen KUWIs verlost werden. Die Scheine werden bei drei Ausgabestellen (Raiffeisenbank, Sparkasse, Bäckerei Margreiter) ausgegeben und die Liste der teilnehmenden Betriebe ist online einsehbar. Angaben über Umsätze werden nicht bekannt gegeben.
Der Drachentaler in der Wildschönau
Im Herbst 2010 wurde der Verein der Wildschönauer Wirtschaft gegründet, der als erstes Projekt die Herausgabe des „Drachentalers“ als Einkaufsgutschein im Wert von 10 Euro umsetzte. „Um Einheimische und Gäste zu motivieren, Geld in der Region Wildschönau auszugeben und nicht gedankenlos in die Ferne zu tragen“. Der Drachentaler solle „etwas Spürbares sein, um den Wildschönauer Patriotismus bzw. das WIR-Gefühl, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu wecken beziehungsweise zu stärken“. Seither wurde über eine Million Drachentaler in den vier Gemeinden des Hochtales (Niederau, Oberau, Auffach, Thierbach) umgesetzt. Der Mehrweg-Gutschein, dessen Name der Sage vom Wildschönauer Drachen entlehnt ist, wird aktuell in rund 30 Betrieben akzeptiert. Dieser Sage zufolge bestand im von Bergen umschlossenen Hochtal einst ein sehr großer See, in dem eine riesige Wasserschlange hauste. Im Gebiet von Wörgl stand die vornehme Stadt Heidach, vormals römische Garnisonsstadt, in der Unsitten und Zügellosigkeit herrschte. Als Strafe zernagte der Drache den Talriegel, der den See abschloss, worauf gewaltige Wassermassen und Felsen in die Tiefe stürzten und die sündige Stadt Heidach unter sich begruben. Die Wasserschlange kam dabei auch um. Hintergrund der Sage sind Hochwasserereignisse, die in Wörgl über Jahrhunderte immer wieder großen Schaden anrichteten – das letzte mal 1994, danach wurden massive Schutzbauten entlang des Wörgler Baches errichtet.
Der Jahresumsatz 2019 lag bei rund 140.000 Euro. Auch der Drachentaler wird mit Gewinnspielen gekoppelt. Zu jedem Drachentaler gibt´s ein Gewinnlos für die Wildschönauer Weihnachtslosaktion. Der Verein Wildschönauer Wirtschaft veranstaltet regelmäßig Aktionstage wie „Genussvoll speisen und genießen“, bei denen bei der Bezahlung mit Drachentalern in der Gastronomie der Rechnungsbetrag zurückgewonnen werden kann.
Der HÄWI – Gutschein der Häringer WIRtschaft
„Ziemlich eingeschlafen“ ist das Einweg-Einkaufsgutscheinsystem in Bad Häring, das 2007 vom Verein Häringer WIRtschaft ins Leben gerufen wurde. In den ersten fünf Jahren wurde ein Umsatz von 25.000 HÄWI erzielt, dann wurde es ruhig. 2012 kam es zur Neuauflage des 10-Euro-Einkaufsgutscheines, der dann vorwiegend als Geschenkgutschein verwendet wurde. Hauptaugenmerk lag auf einem mittlerweile eingestellten 14-tägigen Gewinnspiel. Ausgabestellen sind die Raiffeisenbank und die Sparkasse.
2019 wurden die „Gutscheine der Häringer WIRtschaft“ nur mehr fast ausschließlich von der Gemeinde Bad Häring als Geschenkgutscheine verwendet, der Umsatz wird 2019 mit 8.000 bis 10.000 Euro beziffert. An ein neuerliches Hochfahren des Gutscheinsystems ist derzeit nicht gedacht, es laufen Planungen für die Einführung einer Häring-Card, die die Gutscheine ersetzen soll.
Die KirchbichlCard
In Wörgls Nachbargemeinde Kirchbichl wurde 2017 von der Gemeinde die KirchbichlCard eingeführt. In erster Linie, um Menschen mit Hauptwohnsitz in Kirchbichl einen um 20 % ermäßigten Eintritt im Wörgler Erlebnisbad WAVE zu ermöglichen. Mittlerweile gewähren auch Kirchbichler Betriebe für KirchbichlCard-InhaberInnen Sonderkonditionen. Ein Landmaschinen-Betrieb gewährt Preisnachlässe auf bestimmte Produkte und ein Restaurant gewährt pro KirchbichlCard 10 % Rabatt auf eine Pizza.

wir31-Einkaufsgutscheine
Vor über 35 Jahren begann die Erfolgsgeschichte der WIR31-Einkaufsgutscheine in der Region 31, bestehend aus den Gemeinden Alpbach, Brandenberg, Brixlegg, Kramsach, Münster, Rattenberg, Radfeld und Reith im Alpbachtal. Die zeitlich unbegrenzt gültigen Einkaufsgutscheine im Wert von 5, 10, 20 und 50 Euro können mehrfach verwendet werden und sind in derzeit rund 240 Mitgliedsbetrieben einlösbar. Der Jahresumsatz 2018 lag bei rund 290.000 Euro.
1984 gründeten Brixlegger Kaufleute einen Werbeverein und starteten im selben Jahr mit einer Weihnachtslosaktion. Parallel dazu wurde der Brixlegger Einkaufsscheck ins Leben gerufen, wobei dabei der damalige Raiffeisenbank-Direktor Thomas Fuchs maßgeblich beteiligt war und die Idee aus Wörgl mitbrachte, von dort die Weihnachtslosaktion der Kaufmannschaft wie auch das Wörgler Freigeld kannte. Beim Brixlegger Einkaufsscheck beteiligten sich bald die Kaufleute von Rattenberg und Reith i.A. und als der WIR31-Verein von den Ortsvereinen in der Region 31 gegründet wurde, erweiterte sich das Einsatzgebiet nochmals und der Name wurde auf wir31-Einkaufsgutschein geändert. 2019 gingen die Agenden des WIR31-Vereines wieder an den Brixlegger Wirtschaftsverein zurück. Jeder Ort ist jetzt dort mit Stimmrecht eingebunden, die Gutscheinaktion wird wieder vom Brixlegger Wirtschaftsverein verwaltet und läuft in allen Gemeinden weiter.
Zur Attraktivierung des Gutscheinsystems findet monatlich ein Gewinnspiel statt. Wer mit wir31-Gutscheinen bezahlt, kann Einkaufsgutscheine im Wert von 100 Euro gewinnen. Zur Einlösung von wir31-Gutscheinen in Geld sind nur die Mitgliedsbetriebe berechtigt, wobei seit 1.10.2015 bei Einlösung in der Bank ein Disagio von 1 % verrechnet wird. Die Gutscheine sind im wir31-Büro beim TVB Alpbachtal in Kramsach sowie bei den Sparkassen und Raiffeisenbank in allen Gemeinden der Region erhältlich und wer mitmacht, kann in einem Folder auch online eingesehen werden.
Bezirk Kitzbühel

Der St. Johanner Einkaufsgutschein
Das umsatzstärkste Gutschein-System im Bezirk Kitzbühel ist in der Marktgemeinde St. Johann angesiedelt. 2009 wurde der „St. Johanner Einkaufsgutschein“ im Wert von 10 und 25 Euro erstmals vom Ortsmarketing ausgegeben. Derzeit machen 200 Betriebe unterschiedlicher Branchen beim Einweg-Gutscheinsystem mit, der Jahresumsatz 2019 lag bei 660.000 Euro. Die Gutscheine sind in einer attraktiven Geschenkshülle erhältlich und werden von den Banken in St. Johann ( Raiffeisenbank, Sparkasse, Hypobank und Volksbank) sowie täglich rund um die Uhr beim „Scheinihans-Gutscheinautomat“ im Foyer der Raiffeisenbank ausgegeben.
Während die Bezirkshauptstadt Kitzbühel existiert keine Gutschein-Initiative der regionalen Geschäfte, allerdings werden für den Tourismusbereich von der Bergbahn KitzSki-Gutscheine als Wertgutscheine für Ski- und Wandertickets sowie Leistungen im Badezentrum Aquarena angeboten.

Der Brixentaler
Als frei zirkulierendes Gutscheinsystem ist „Der Brixentaler“ konzipiert, der in drei Orten als regionales Zahlungsmittel von rund 230 Mitgliedsbetrieben verwendet wird. Gutscheinmünzen und Scheine wurden im November 2009 erstmals ausgegeben mit dem Ziel, dem Kaufkraftverlust in der Region entgegenzuwirken. Verwendet wird der Brixentaler in Brixen im Thale, Westendorf und Kirchberg, wobei für die Abwicklung drei Ortsgruppen als eigenständige Vereine bestehen.
Der Gesamtumsatz mit Brixentaler macht seit Einführung 2,35 Millionen Euro aus, der Jahresumsatz 2019 beträgt rund 290.000 Euro. Die Gutscheinmünzen und seit 2012 auch Papiergutscheine können bei den Banken ausschließlich von den Mitgliedsbetrieben in Euro eingewechselt werden.
Die Werbegemeinschaft des Brixentalers aus den drei Kaufmannschaftsvereinen informiert mit einem monatlichen Infoblatt an 6.500 Haushalte über die Gemeindegrenzen hinaus von Itter bis Reith b. Kitzbühel und ist auch engagiert in der Durchführung von Aktionen und Veranstaltungen. 2017 wurde das Sozialprojekt „Brixentaler für Brixentaler“ für in Not geratene Menschen ins Leben gerufen und ein Spendenkonto eingerichtet, um Spenden zu sammeln und regelmäßig Brixentaler auszuzahlen. Die erste Spende von € 1.000,- ging an das Rote Kreuz Brixental – zweckgebunden für das Projekt „Tafel Brixental“. Brixentaler wurden an einheimische, bezugsberechtigte Familien verteilt. Die Werbegemeinschaft nimmt auch selbst Empfehlungen für hilfsbedürftige Familien oder Einzelpersonen entgegen, um mit Brixentaler Münzen oder Scheinen direkt, schnell und unbürokratisch zu helfen.

Einkaufs- und Genussgutscheine der Wirtschaft in Hopfgarten
Hopfgarten im Brixental verwendet ein eigenes Gutscheinsystem mit „Einkaufs- und Genussgutscheinen“ im Wert von 5, 10, 20 und 50 Euro. Träger ist der Verein Wirtschaft in Hopfgarten. Hopfgartner Kaufleute schlossen sich vor rund 35 Jahren zusammen, mittlerweile ist ein bunter Branchenmix aus Handel, Dienstleistung, Gastronomie etc. beteiligt. Die Gutscheine gelten in Hopfgarten sowie in Filialbetrieben von Hopfgartner Unternehmen auch außerhalb der Gemeindegrenzen.
Derzeit sind 42 Mitgliedsbetriebe registiert (online abrufbar auf http://www.wirtschaft-hopfgarten.at/), der Jahresumsatz 2019 belief sich auf rund 65.000 Euro. Ausgabestellen für die einmalig verwendeten Gutscheine sind neben der Raiffeisenbank Hopfgarten zwei Geschäfte im Ort.

Der Pillerseetaler
Als regionale Währung wurde auch der Pillerseetaler konzipiert, um die Wirtschaft im Pillerseetal in den Gemeinden Hochfilzen, Fieberbrunn, St. Jakob in Haus, St. Ulrich am Pillersee und in Waidring zu stärken.
Der Verein Pillersee Wirtschaft wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, den Pillerseetaler als regionale Währung zu stärken. Federführend beim Pillerseetaler war die Regio-Tech Regionalentwicklungs GmbH. Zusätzlich zum Pillerseetaler, den es mit den Nominalwerten von 1, 5 und 10 Talern in Form von Plastikmünzen und Gutscheinen im Wert von 1:1 zum Euro gibt, setzt der Verein auch Akzente in anderen regionalen Belangen und pflegt eine sehr gute Kooperation mit dem Tourismusverband Pillerseetal.
Die Mitgliedsbetriebe kommen aus allen Gemeinden. Seit 2016 beträgt der Mitgliedsbeitrag beim Verein Pillerseetal Wirtschaft jährlich 90 Euro. Seit dem Start im Jahr 2003 wuchs der Umsatz mit Pillerseetalern kontinuierlich und ist seit etwa acht Jahren konstant. Derzeit ist der Pillerseetaler in 64 Geschäften gültig, 2019 wurde ein Jahresumsatz von rund 150.000 Euro erzielt. Der Pillerseetaler ist vor allem als Geschenkmünze sehr beliebt und kann bei allen Bankstellen der Region erworben werden, bei denen bei Bedarf auch eine Einlösung in Euro möglich ist.

GriaßDi!-Gutscheine im Kaiserwinkl
2014 gründeten die Gemeinden Walchsee, Kössen, Schwendt und Rettenschöss im Kaiserwinkl Bezirksgrenzen übergreifend den Verein GriaßDi!, um die Wertschöpfung in der Region zu halten. Im Online-Verkauf können GriaßDi!-Gutscheine im Wert von 10 und 20 Euro erworben werden, die in mehr als 140 Mitgliedsbetrieben gelten. Dabei sind beim wachsenden Gutscheinsystem Betriebe aller Branchen – Dienstleister, Handel, Gastro, Freizeitangebote, Handwerk, Verleih und aus dem Gesundheitssektor. 2019 wurde ein Jahresumsatz von 145.000 Euro mit den Einweg-Gutscheinen in den Mitgliedsbetrieben verbucht. Der Verein nützt neben der eigenen Website auch gezielt facebook für seine Aktivitäten.

Der Kaisertaler
Einen Zusammenschluss von Gemeinden gibt´s auch auf der Südseite des Kaisergebirges: Beim Kaisertaler, den es in Form von Münzen und Gutscheinem im Mehrweg-System gibt, machen 106 Betriebe in den Gemeinden Ellmau, Scheffau, Going und Söll mit. Träger ist die Ellmauer Kaiserwirtschaft, die Freizeit- und Interessensgemeinschaft der Ellmauer Kaufmannschaft. Die aktuelle Liste der teilnehmenden Betriebe gibt´s online, die Kaisertaler können bei den Banken erworben werden. Umsatzzahlen werden nicht veröffentlicht.
Flexible Wertgutscheine: Wilder Kaiser Gutscheinwelt
Gutscheine sind auch eine willkommene Geschäftsidee in der Tourismusbranche, die rund ums Kaisergebirge dominiert. Der Tourismusverband Wilder Kaiser bietet mit der „Wilder Kaiser Gutscheinwelt“ flexible Wertgutscheine als Geschenkgutscheine fürs Urlauben am Wilden Kaiser. Online können Kategorie und Vorlage ausgewählt, mit persönlichen Grüßen versehen und mit selbst festgelegtem Wert ab 20 Euro ausgedruckt werden. Bezahlt wir auch online (Pay Pal, Kreditkarte, Sofort-Überweisung) und bei Zahlungseingang wird der persönlich gestaltete Wertgutschein als PDF-Datei per Mail zugesandt. Eine Liste der Partnerbetriebe in Ellmau, Going, Scheffau und Söll gibt´s online – dabei sind auch Liftbetriebe, Freizeiteinrichtungen wie das Kaiserbad und Sportgeschäfte. Einmalgutscheine solcher Art sind nicht als Währung geeignet, erfüllen aber den Teilaspekt der Kaufkraftbindung.
Tauschen statt kaufen – TalenteNetz Tirol
Eine zeitbasierte, leistungsgedeckte Komplementärwährung verwenden Tauschkreise wie das TalenteNetz Tirol, das sich als „praktischen und inhaltlichen Schwerpunkt das Beleben der Nachbarschaftshilfe“ zum Ziel gesetzt hat. Welche Leistungen und Produkte um Talente bezogen werden können, darüber gibt die Marktzeitung Auskunft, die auch online unter talentenetztirol.net abrufbar ist. Der tirolweite Tauschkreis auf Vereinsbasis führt Regionalgruppen. Tauschmärkte und regionale Treffen ermöglichen das Kennenlernen und den persönlichen Austausch der Mitglieder. Detaillierte Bezirkszahlen liegen nicht vor.
Das Talentenetz Tirol wurde 1995 federführend von Michael Graf ins Leben gerufen, der dem Tauschkreis-Verein dann viele Jahre als Obmann vorstand. Ein Talent entspricht im Tiroler Talente-Netz einer Stunde, was mit einem Umrechnungsfaktor von 10 Euro bewertet ist.

Der Chiemgauer in Bayern
Ein Blick in die Chiemgauer-Statistik am 27. April 2020 weist 806.175 Chiemgauer in Umlauf aus. Genützt wird die Regionalwährung von 3891 Verbrauchern, als Zahlungsmittel akzeptiert wird der Chiemgauer in 475 Unternehmen in den beiden Landkreisen Rosenheim und Traunstein. Der Chiemgauer ist eins zu eins mit Euro gedeckt. Insgesamt bestehen 24 Ausgabestellen. Den Chiemgauer gibt´s als Gutschein ebenso wie als Regio.Card. Bisher wurden im Rahmen der 3% Förderung für gemeinnützige Zwecke an Vereine und Initiativen 707.246 Chiemgauer ausgezahlt. Die Zahlen werden online laufend aktualisiert auf https://www.chiemgauer.info
Die Resultate aus Bayern im Detail werden noch von Stefan Schütz vorgestellt.
Autorin: Veronika Spielbichler