Vor 90 Jahren, im Juli 1932, startete die Marktgemeinde Wörgl das heute weltweit bekannte erfolgreiche Freigeld-Experiment. Wir feiern das Jubiläum – mit zwei geselligen Events: am 31. Juli 2022 mit einem gemeinsamen Spaziergang am Freigeldrundweg mit anschließendem Grillabend und einem Open Air-Kino-Abend im ZONE-Garten am 25. Mai 2022.
Spaziergang am Freigeld-Rundweg und Grillabend
Das Unterguggenberger Institut lädt am Sonntag, 31. Juli 2022 ab 16 Uhr zu einem gemeinsamen Spaziergang am Freigeld-Rundweg in Wörgl mit abschließendem Grillabend ab 18 Uhr in der ZONE kultur.leben.wörgl. Start ist beim Unterguggenberger Institut mit Besichtigung des Museums-Schauraumes. Zur organisatorischen Planung wird um Anmeldung gebeten, Kontakt Email ui(at)snw.at
Der Freigeld-Rundweg führt durch das Stadtgebiet von Wörgl zu Orten, die mit dem Wörgler Freigeld in Verbindung stehen, Flyer mit der Wegbeschreibung sind beim Tourismusverband Ferienregion Hohe Salve erhältlich.
„Lindert die Not, gibt Arbeit und Brot“
… steht auf der Rückseite der Wörgler Freigeldscheine, die erstmals am 31. Juli 1932 in Umlauf gebracht wurden. Am 5. Juli 1932 stimmte der Wohlfahrtsausschuss der Marktgemeinde dem Reglement der Wörgler Nothilfe unter Verwendung von Freigeld zu, am 8. Juli dann einstimmig der ganze Gemeinderat – was angesichts der großen ideologischen Gegensätze ein politisches Meisterstück darstellte. Die Verantwortlichen sahen über alle Parteigrenzen hinweg im Vorschlag des Bürgermeisters Michael Unterguggenberger den Ausweg für ihre Gemeinde aus Not und Elend der Weltwirtschaftskrise.
Im Zuge der Wörgler Nothilfe wurde bis September 1933 ein umfangreiches Infrastruktur-Bauprogramm umgesetzt und eine Notstandsküche eingerichtet. Die Gemeinde bezahlte mit Freigeld die Löhne von Bauarbeitern und Gemeindebediensteten. Mithilfe der regionalen Gutscheinwährung wurde erfolgreich die Regionalwirtschaft wieder angekurbelt. Während die Arbeitslosigkeit in Österreich in diesem Zeitraum um 19 % anstieg, ging sie in Wörgl um 16 % zurück.
Die monatliche Abwertung der Arbeitswertscheine um 1 % in Form einer Gemeindesteuer war das Erfolgsrezept für den schnellen Geldumlauf, der Kaufkraft und regionale Wertschöpfung steigerte. Das Schwundgeld zirkuliert 9 bis 10 Mal schneller als die Nationalbankwährung Schilling, die als Deckung der Arbeitswertscheine bei der Wörgler Raiffeisenkasse hinterlegt wurden. Diese wirkte bei der wirtschaftlichen Selbsthilfe-Aktion der Gemeinde unentgeltlich mit und diente als Wechselstube. Die Arbeitswertscheine konnten gegen eine Gebühr von 2 % in Schilling eingewechselt werden, was den Außenhandel sicherte. Kaufleute erhielten zudem kurzfristige Kredite für den Wareneinkauf zum damals günstigen Zinssatz von 6 %. In die Gemeindekasse flossen auch Einnahmen aus dem einsetzenden Freigeld-Tourismus – wer Scheine als Souvenir mitnehmen wollte, bezahlte diese mit Schillingen. Sämtliche Einnahmen aus der Nothilfe-Aktion wurden zweckgebunden für Armenfürsorge und Arbeitsbeschaffung verwendet.
Open-Air-Kino in der ZONE: „Rotzbub“
Gute Unterhaltung gehört zum Feiern – und dabei tut Lachen und damit ein Ausflug in ein anderes Genre gut: Das Unterguggenberger Institut und der Kirchbichler Lastenrad-Verein FloBility laden am Mittwoch, 25. Mai 2022 im ZONE-Garten zu einem amüsanten Open-Air Filmabend: Gezeigt wird „Rotzbub“, der erste komplett animierte Kinofilm Österreichs, basierend auf den Karikaturen von Manfred Deix. Einlass ist ab 19:30 Uhr, Filmstart um 20:30 Uhr. Der Eintritt kostet 6 Euro, auch bezahlbar in Wörgler Kulturwertscheinen, den Guggis. Geplant ist die Filmvorführung als Fahrrad-Kino, bei dem motivierte StramplerInnen für die benötigte Energie für den Filmprojektor kräftig in die Pedale treten.
Der „Rotzbub“ ist ein saftiger, von Manfred Deix inspirierter Animationsfilm über die Pubertät der Republik, mit hochkarätigen Stimmen und abgefeimt treffsicheren Figuren. Zu hören sind im Film nach dem Drehbuch von Martin Ambrosch u.a. die Stimmen von Gerti Drassl, Roland Düringer, Erwin Steinhauer, Katharina Straßer, Adele Neuhauser, Gregor Seberg, Thomas Stipsits, Ulrike Beimpold, Armin Assinger und Juergen Maurer.
Präsentiert wird der Filmabend im Rahmen des Sommerprogrammes „Kultur im ZONE-Garten“ vom Unterguggenberger Institut, das sich seit 2003 der Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Wörgler Freigeld und Währungsdesign heute widmet, sowie dem Lastenrad-Verein „FloBilty“, der 2021 mit Sitz in Kirchbichl-Kastengstatt gegründet wurde. Derzeit verfügt der Verein über zwei Elektro-Lastenfahrräder, die u.a. zur Auslieferung von bäuerlich produzierten Bio-Lebensmitteln aus der unmittelbaren Umgebung verwendet werden und von Vereinsmitgliedern auch für Einkaufsfahrten oder Ausflüge mit Kindern ausgeliehen werden können. Weitere Info online www.flowbility.bike
Bei Schlechtwetter findet die Filmvorführung in der Zone (Adresse: Brixentaler Straße 23, Wörgl) statt – in diesem Fall begrenzte Teilnehmerzahl mit 60 Personen! Kartenreservierung unter ui@snw.at, reservierte Karten liegen bis 20 Uhr an der Abendkasse auf.
Musealer Schauraum im Unterguggenberger Institut
Aufgrund von Sanierungsarbeiten ist das Wörgler Heimatmuseum, in dem auch das historische Wörgler Freigeld dokumentiert wird, derzeit geschlossen. Die Wiedereröffnung im selben Gebäude in der Brixentaler Straße 1 ist im Herbst 2022 vorgesehen.
Um Interessierte weiterhin detailliert übers Wörgler Freigeld zu informieren, richtete das Unterguggenberger Institut 2021 einen musealen Schauraum in den seit 2006 genützten Vereinsräumlichkeiten in der Unterguggenberger Straße 3b ein.
Im ehemaligen Geschäft von Rosa Unterguggenberger präsentieren wir auf historischem Boden in einer Ausstellung Exponate und Infos zum Ideengeber Silvio Gesell, zur Abwicklung des Wörgler Währungsexperimentes samt internationalem Echo und Biografisches zu Michael und Rosa Unterguggenberger und zeigen, in wie vielfältiger Weise Kulturschaffende sich mit dem Wörgler Freigeld befassen – ob Theater, Film oder Musik. Es besteht auch die Möglichkeit, Filmdokumentationen im Schauraum vorzuführen (bis zu 8 Personen). Die Besichtigung ist ausschließlich nach vorheriger Terminvereinbarung möglich – Kontakt: ui@snw.at sowie mobil 0650 8311183